Mein erstes Mal...

... im Fasching. Keine wirklich autobiografische Geschichte. Eher ein Tatsachenbericht von einem bekennenden Faschingmuffelignorierer über seine erste, und vielleicht auch intensivste Begegnung mit dieser regionalen Anomalie Namens Fasching.

Die Sache begann, wie Sachen immer beginnen, mit einer ganz harmlosen SMS. "Wollen nachher nach Würzburg (verkleidet), kommst mit?". Klang jetzt nicht sooo schlecht, interessant sogar. Aber, warum will sich jemand verkleidet auf den Weg nach Würzburg machen? An dieser Stelle merkt der geneigte Leser/in wieder, dass ich aus dem schönen Hannover stamme und neben einem nicht vorhandenen Akzent - fließend Hochdeutsch (in Schrift und Sprache) - ein auffallend großes fehlendes Wissen über der lokalen Gebräuchen/Riten an den Tag lege, dass man sich eigentlich schämen müsste.

Natürlich liegt die diesjährige Faschingssaison gerade in den letzten Zügen und jeder in der Gegend weiß es, nur an mir ist diese fünfte Jahreszeit absolut Spurlos vorbei gegangen. Warum auch nicht? Fasching feiert man doch nur als Kind, damals in der Schule. Das war der Tag wo man verkleidet kam und es keinen Unterricht gab. Lang, lang ist es her. Ansonsten gibt es da immer diese schrecklichen Sendungen im Fernsehen. Von Anno Dazumal, mit sehr witzfreien Sketchen über Leute die sich wahrscheinlich im Grabe umdrehen. So weit zu meinem Wissensstand bis zum 2.2.2008 20:00 MEZ.

Ab 20:00 MEZ änderte sich alles dramatisch. Zu erst war da dieser Bettelmönch an meiner Haustür, der sich als Scheich ausgab. Er wurde gefolgt von einem 2m Beduinen mit seinem Cowgirl und einem ziemlich abgehalfterten Grafen Dracula der mich zum Dank fürs mitkommen gleich mit einem ägyptischen Gebets…Anziehding ausstattete. Dazu kam noch 6er-Träger Bier und ab ging die wilde Jagd nach Würzburg ins Brauhaus zur "Kiez-Party - nackte Fakten". Bei dem Namen wird man(n) doch hellhörig. Nach der Schlange vor dem Laden zuurteilen hatten viele andere auch von dem Event gehört. Alle hatten sich verkleidet; Es gab ne Menge Prolls, Zuhälter, Teufelinnen, Stewardessen weibliche Flugbeigleitungen, und uns - drei möchtegern Araber, einen zahnlosen Grafen und ein Cowgirl ohne Revolver.

Gerechnet hatte ich mit vielem, man kennt ja die Bilder der Kölner Umzüge und Mainzer Prunksitzungen. Aber die rote Puffdeko hat mich dann voll irritiert. Überall waren Plakate der unterschiedlichsten Erotik-Filme (mit und ohne Widmung), rote Pappherze an den Wänden offerierten gefällige schwule Barkeeper und dazu kamen mehrere Kilometer an rot-rosanen Dekostoffen mit noch mehr Herzchen und/oder Pailletten. Mit einem Wort Porno. Doch von solchen Nebensächlichenkeiten lässt man sich ja mal gar nicht Schocken.

Kaum umgesehen ging es auch schon ab ins Getümmel. Zwischen einer Unmenge Überbleibseln vom letzten CSD ging es dann ab. Die Stimmung brodelte ziemlich schnell. Zu den alt bekannten Party/Aprés Ski/Altstadt/Saufliedern wurde fleißig getrunken und noch mehr gelacht. Tanzen war beim besten Willen nicht möglich, da sich das feierwillige Volk wie die Ölsadinen zusammen gepresst hat - nur ohne Öl. Eine homogene Feiermasse. Schnell war klar, das die Araberkutte nicht gerade der Hit war und man sich am besten in einem Lack- & Ledergeschirr hätte zeigen müssen. Doch der Zug war längst abgefahren.

Trotz dieser Selbsterkenntnis haben wir es knallen lassen. Hoch die Gläser und ausgetrunken! Oléééééé. Nach dem Motto voll gewesen - toll gewesen ging es ab. Irgendwann fanden einige Leute ihren Mund nicht mehr und so gab es eine unfreiwillige Bierdusche nach der anderen. Diese Abkühlung war allerdings auch nötig, denn die Stripperinnen haben den Laden buchstäblich in Flammen gesetzt. Wer hätte gedacht, was man mit Kerzen so alles machen kann... also ich nicht! Erstaunlich.

Gegen drei, sechs Stunden später, wollte der Fahrer dann ab in die Heimat. Eine Entscheidung die ich verstand, auch wenn ich sie nicht so recht unterstützen konnte. Es gab noch eine Menge zu sehen.

Als Fazit kann ich sagen, dass ich meine erste Faschingsparty überlebt habe. Ob ich eine Zweite mit erleben will/muss kann ich noch nicht sagen. Die Sache mit dem Verkleiden und dem Spaßhaben auf Komando finde ich nicht so prickelnd. Ich kann mich auch ohne Grund daneben benehmen und dass das ganze Jahr über. Nichts desto Trotz war es sehr lustig - auch wenn es für meinen Geschmack viel zu voll war. Als halbes Nordlich denke ich, dass ich auf dem Schützen- oder Maschseefest besser aufgehoben bin. Die sind etwas gediegener, aber nicht weniger unterhaltsam... nur ohne Verkleidung und leider ohne die Stripper.

~ Mickie Krause – Olé wir fahr'n in Puff nach Barcelona ~

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